Transkript
Herzlich willkommen bei Coconut-Talk, deinem Podcast über das Leben in Indonesien. Mein Name ist Gunda und gemeinsam werden wir die zahlreichen Inseln Indonesiens entdecken. Mari – los geht’s!
Gunda: Hallo und herzlich willkommen zu unserer heutigen Folge bei Coconut-Talk. Ich habe mich wieder mit Janina verabredet. Janina war bereits in der fünften Folge bei mir zu Gast, als sie über ihre Zeit auf Lombok gesprochen hat. Wir haben uns diesmal über ein ganz wichtiges Thema unterhalten, und zwar die Gesundheitsversorgung in Indonesien. Wir haben uns ein bisschen über ihre Erfahrungen und auch über meine Erfahrungen ausgetauscht. Und ich denke, da ist ein ganz interessantes Gespräch draus geworden.
Eins noch vorneweg: Falls du Fragen oder Wünsche hast und mich kontaktieren möchtest, kannst du das gerne unter hallo@indonesien-podcast.de tun. Wenn dir die Folge gefällt, dann abonnier diesen Podcast am besten und hinterlass mir eine kleine Bewertung bei Spotify oder iTunes.
Jetzt aber erstmal viel Spaß mit dieser neuen Podcast Folge!
Hallo Janina, schön, dass du wieder bei mir bist.
Janina: Schön, dass ich wieder hier sein darf.
Gunda: Wir haben uns ja heute ein ganz interessantes Thema ausgesucht, das immer wieder wichtig ist – sowohl für Urlauber als auch für Auswanderer und alle Menschen, die länger im Ausland sind. Und zwar ist das die Gesundheitsversorgung in Indonesien und allgemein alles, was mit Medizin zu tun hat.
Da haben wir beide schon ein bisschen Erfahrung sammeln können. Vielleicht möchtest du anfangen mit dem, was du dazu erzählen magst?
Janina: Ja, ich habe da leider schon ein bisschen Erfahrung sammeln dürfen. Meine erste richtige Erfahrung war, dass ich mir Dengue Fieber eingefangen habe. Ich bin dann zum Arzt, weil mein Mann gesagt hat: „Wir fahren jetzt zum Arzt!“ Und die hatten mir dann fiebersenkende Mittel gegeben und was gegen Schwindel und mich wieder nach Hause geschickt.
Das habe ich genommen. Mein Fieber ist nach zwei Tagen auch runtergegangen, aber sonst hatte sich gar nicht so viel getan. Mein Schwindel war konsequent da. Sobald ich mich aufgesetzt habe, war mir total schwindelig und ich hatte Kopfschmerzen ohne Ende.
Schließlich kam dann eine Naturheilmedizinerin – so nenne ich sie mal – vorbei und hat meine Knochen ordentlich knacken lassen. Das hat aber auch tatsächlich geholfen und ich hatte keine Kopfschmerzen mehr. Leider hat es übertrieben wehgetan. Mein Bruder hat gesagt – der ist Physiotherapeut: „Das machst du bitte nie wieder!“ Denn das kann natürlich sehr schnell auch sehr schief gehen.
Aber in dem Moment war mir das echt egal, weil‘s mir so schlecht ging, ich so starke Kopfschmerzen und diesen Schwindel hatte. Und gegen die Kopfschmerzen hats tatsächlich geholfen – danach hatte ich keine Kopfschmerzen mehr.
Aber sobald ich mich hingesetzt habe, war mir total schwindelig. Ich hatte die ganze Zeit einen richtig ekligen Geschmack im Mund. Ich habe dann zu meinem Mann gesagt, dass ich noch mal zum Arzt will wegen dem Schwindel. Dann sind wir wieder zum Arzt oder ins Krankenhaus gefahren. Die haben mir dann eine Spritze gegen Schwindel gegeben und mich wieder nach Hause geschickt.
Nach zwei Tagen war es immer noch nicht besser und ich habe gesagt, dass ich wieder hin und mir Blut abnehmen lassen möchte, damit ich Dengue-Fieber und Malaria einfach ausschließen kann. Damit ich eben Gewissheit habe.
Gunda: Das heißt, das hatten die vorher noch gar nicht gemacht?
Janina: Nö, überhaupt nicht. Somit sind wir wieder ins Krankenhaus gefahren und da war dann der erste Arzt, der mir richtig zugehört hat. Er hat von sich aus sofort gesagt: „Okay, wir nehmen jetzt Blut ab und checken vor allem, ob es Dengue-Fieber oder Malaria ist. Ja und dann war Dengue-Fieber tatsächlich positiv.
Dann kam eine Frage, die mich ein bisschen schockiert hat: „Möchten Sie im Krankenhaus liegen bleiben und behandelt werden oder möchten Sie wieder nach Hause fahren?“
Ich habe halt gesagt, okay, ich möchte dann schon erstmal hierbleiben, vor allem, weil meine Leberwerte total schlecht waren. Es war zum Glück die leichteste Stufe, denn sonst weiß ich nicht, wie es ausgegangen wäre. Ja, dann war ich drei Tage oder vier Tage im Krankenhaus – muss aber sagen, dass ich da sehr gut behandelt worden bin.
Meine erste Nacht war in der dritten Klasse, weil mein Mann natürlich darauf bedacht war, dass es so günstig wie möglich war und ich eh nicht denken konnte. Meine Schwägerin meinte dann am nächsten Tag, warum ich hier liege, obwohl ich doch eine Krankenversicherung habe.
Daraufhin sind wir umgezogen in die VIP-Class sozusagen, wo wir ein Einzelzimmer hatten. Dort haben sie mir tatsächlich jeden Tag Kartoffeln gemacht, weil ich einfach keinen Reis essen konnte. Da muss ich sagen, dass ich schon sehr überrascht und happy war.
Gunda: Und was haben sie dir dann noch gegeben – irgendwie Infusionen auch?
Janina: Genau, richtig. Ich hatte eine Infusion und wurde vorher auch gefragt, ob ich den Spezialisten für Dengue-Fieber als Arzt fahren möchte oder einen normalen Arzt. Dann habe ich gemeint, wenn sie einen Spezialisten haben, dann nehme ich auch den Spezialisten.
Der kam dann im Prinzip einmal am Tag für 5 Minuten rein und hat gefragt, wie es mir geht und ist wieder raus. Er hat noch nicht mal irgendwelche Untersuchungen gemacht. Mir wurde jeden Morgen Blut abgenommen, um zu schauen, ob die Leberwerte und die Blutwerte besser werden.
Ich habe eigentlich die Infusion bekommen und das wars, aber es hat mir sehr geholfen, weil ich kaum Wasser trinken konnte durch diesen Geschmack im Mund, der durch die Infusion dann auch letztendlich besser geworden ist. Und dann bin ich auch bald raus aus dem Krankenhaus, weil‘s mir ziemlich schnell wieder besser ging.
Gunda: Ja, da kann ich vielleicht von meiner Dengue-Erfahrung erzählen, das war allerdings in Thailand. Da haben sie mir aber ziemlich schnell im Krankenhaus Blut abgenommen, damit eben sicher war, ob es Dengue oder Malaria war. Danach haben sie mir eine Infusion gegeben und die durfte ich mit heimnehmen – das war auch ganz interessant. Ich hab dann dieses kleine Beutelchen, das mit Flüssigkeit gefüllt war, hochgehalten und saß hinten auf dem Roller drauf und wir sind wieder heim gefahren. Das war mit meinem damaligen Freund – war ganz lustig irgendwie.
Aber ich war natürlich auch hinten dran gehangen wie so ein Zombie, gell. Du hast ja keine Kraft und nichts, aber genau, das haben wir dann irgendwie zwei, dreimal gemacht und das war auch das Einzige.
Soweit ich weiß, kannst du auch sonst nicht viel machen, du musst es einfach aussitzen. Infusionen helfen dir einfach, dass dein Körper einigermaßen hydriert bleibt.
Janina: Ja, genau richtig. Aber das ist ja schön, dass ihr mit dem Roller immer hin und her fahren musstet und du nicht da bleiben durftest.
Gunda: Ja, wobei es war auch zu der Zeit so eine Dengue-Welle bei uns auf der Insel. Es war eine kleine Insel und es war keine Problem, dass ich wieder heimfahre. Ich sollte halt einfach schauen, dass das der Beutel irgendwo weiter oben hängt und fertig. Und mehr hätten sie auch nicht machen können. Ich glaube, da war man einfach entspannter damit, ich weiß auch nicht.
Aber ich war ganz froh drum ganz ehrlich gesagt, denn irgendwie will man doch lieber im eigenen Bungalow liegen, anstatt dass man dann irgendwie im Krankenhaus ist. Man weiß ja dann nicht so wirklich – also du hast gesagt, dass VIP Klasse dann schon ganz okay ist, aber ja – ist halt irgendwie ein komisches Gefühl, wenn man ins Krankenhaus muss und nicht weiß, wo man da landet.
Janina: Ja, das stimmt natürlich.
Ich habe das auch mitbekommen bei meiner Nichte, als sie mit einem Jahr recht hohes Fieber mit Erbrechen und Durchfall bekommen hat. Da hat man auch erstmal kein Blut abgenommen. Meine Schwägerin ist sehr zügig mit ihr ins Krankenhaus gefahren, um das abzuklären, weil kleine Kinder nochmal schneller dehydrieren. Da haben sie dann gesagt, dass sie trinkt und isst und solange sie Milch trinkt, wäre alles okay.
Sie haben meine Schwägerin wieder nach Hause geschickt mit der Kleinen. Dabei war sie richtig schlapp und hat gar nichts mehr gemacht, sie lag einfach nur. Irgendwann war das dann so schlimm, dass vom Durchfall her einfach nur noch Wasser kam. Dann hat sie gesagt, nee, das geht so nicht weiter und ist wieder ins Krankenhaus. Das war zweieinhalb Tage später und sie wurde angemeckert, warum sie denn so spät kommt, obwohl sie wieder genau im gleichen Krankenhaus war.
Dann hat man ihr endlich auch Blut abgenommen und ihr eine Infusion gegeben. Ich habe auch gesagt, lass einfach testen, ob sie vielleicht Dengue hat. Aber es war negativ, also sie hatte kein Dengue, nur irgendeinen schlimmen Virus. Aber sie war dann auch tatsächlich drei Nächte im Krankenhaus mit Infusionen.
Aber das mit dem Blut abnehmen ist irgendwie schwierig, wenn man nicht drauf besteht. Dass das jemand von alleine sagt, hab ich persönlich so noch nicht erlebt.
Gunda: Ja, es ist komisch. Ich kenne es auch aus Papua bzw. ist es eigentlich auch hier in der Gegend so bei uns – ganz oft fühlen die Leute sich schlapp oder haben dann mal kurz Fieber. Also gar nichts langes, was irgendwie über eine Woche geht – nur ein paar Tage vielleicht. Und es heißt dann immer gleich: Malaria.
Also ich weiß nicht, ob das bei euch auch so ist. Die Einheimischen sagen dann immer: ach, es ist Malaria und dann nehmen sie irgendwie ein-, zweimal Antibiotika. Sie haben ja dann immer dieses Amoxicillin, das ja ganz easy über den Counter verkauft wird. Das nimmst du halt für alles, wenn du dich irgendwie nicht so gut fühlst. Und dann sagen sie: ach, es ist Malaria, nehmen die Tabletten und schlafen ein, zwei Tage und dann ist wieder gut.
Man macht irgendwie gar nicht so diesen Unterschied, was das eigentlich genau ist. Das ist nicht wie bei uns, wo man schaut, was man hat und was man dagegen tun kann oder woher kommt. Das wird hier gar nicht so viel hinterfragt. Und ich denke, dass sich das auch mit dem Blutabnehmen so weiter zieht. Die Leute geben dir halt erstmal irgendwas – also natürlich auch nicht alle, ne. Jetzt müssen wir aufpassen, es gibt mit Sicherheit auch sehr gute Ärzte und Krankenhäuser, aber ja….
Janina: Ja, das auf jeden Fall. Wir haben auch schon mit einer negativen Erfahrung gleichzeitig eine positive gemacht. Meine Schwiegermutter ist letzten November relativ schwer erkrankt an Cellulitis – nicht Cellulite, sondern Cellulitis, das ist eine Staphylokokken/Streptokokkeninfektion.
Sie hat am Anfang nur rote Beine gehabt und war damit auch direkt beim Arzt, was für sie sehr verwunderlich war, dass sie sofort gesagt hat: okay, wir gehen zum Arzt. Der hat aber gesagt, dass alles gut ist und hat anscheinend auch Blut abgenommen. Er meinte, die Blutwerte wären normal – aber es war eben auch direkt am Anfang der Infektion.
Zwei Tage später sind ihre Beine von innen heraus aufgegangen. Sie wollte aber partout nicht mehr zum Arzt, weil der erste eben gesagt hatte, da wäre nichts. Zwei Tage nachdem ihr Bein schon offen war und echt schlimm aussah und langsam das andere Bein anfing, haben wir es tatsächlich hinbekommen, mit ihr ins Krankenhaus zu fahren. Wir sind dann in eines der besten von Lombok gefahren.
Dort haben sie sofort Blut abgenommen und ziemlich schnell reagiert darauf. Sie haben ihr Antibiotika gegeben, da sie bereits eine Sepsis hatte. Das kam von der Cellulitis, aus der sich die Sepsis entwickelt hatte.
Gunda: Eine Blutvergiftung.
Janina: Genau, richtig.
Sie wurde einen Tag später auch operiert und das hat ihr definitiv das Leben gerettet, da sie die entzündeten Gewebestücke rausgenommen haben. Ich habe schon fast gar nicht mehr dran geglaubt, weil’s ihr wirklich richtig schlecht ging.
Aber auch da war es typisch: Sie war eine Woche im Krankenhaus und konnte nicht laufen – sie kann bis heute noch nicht laufen – , aber sie wurde dann nach Hause geschickt. Also wenn man es irgendwie schafft, dass man es zu Hause hinkriegt, dann werden die Leute halt nach Hause geschickt in Indonesien und die Familie kümmert sich.
Gunda: Ja. Da ist zum einen die Einstellung von den Ärzten und dann finde ich aber auch dieses Misstrauen sehr schwierig, das in der breiten Bevölkerung vorhanden ist. Es gibt da so viele auch bei uns auf der Insel.
Wir hatten neulich einen Fall von einem guten Bekannten, deren Tochter fast ertrunken ist. Sie ist noch klein, vielleicht vier oder fünf Jahre alt. Die Familie wohnt direkt am Wasser und sie ist irgendwie hinten beim Haus runtergefallen und eben fast ertrunken.
Sie sind dann ins Krankenhaus gefahren – was auch gut ist, habe ich dann selber erst gelernt, denn dieses Beinahe-Ertrinken ist fast noch schlimmer, weil im Nachhinein deine Lunge noch kollabieren kann. Sie waren dann dort mit dem Mädel und ihr wurde eine Infusion gegeben. Die Ärzte haben dann zu den Eltern gesagt, sie müssten da schon noch mal irgendwie das Wasser abpumpen aus der Lunge oder irgendwas in der Richtung. Das ist halt nicht so angenehm, aber es wäre schon sicherer, wenn man das macht.
Und beide Eltern, Mutter und Vater, haben sich nicht in der Lage gefühlt, alleine diese Entscheidung zu treffen. Da musste dann irgendwie noch der Onkel und die Tante und ich weiß nicht, wer noch alles, mit hinzugezogen werden. Sie waren sich so unsicher, ob das jetzt das Richtige ist und ob man den Ärzten vertrauen kann.
Für mich war das ganz merkwürdig, das anzuschauen. Wir waren bestimmt eine Stunde bei ihnen, weil wir zur Unterstützung ins Krankenhaus gefahren sind. Wir konnten uns natürlich nicht einmischen. Diese Hemmungen in Bezug auf ob das jetzt richtig ist, was der Arzt da erzählt waren schon außergewöhnlich. Sie hatten eben die Unterschrift von den Eltern gebraucht und die waren total überfordert.
Weißt du, bei uns wäre helle Panik, wenn jemand fast ertrinkt, da wir wissen, wie gefährlich das ist. Wir würden so schnell wie möglich ins Krankenhaus fahren und die Ärzte übernehmen lassen. Das war so ein Kontrast. Ich habe da erst richtig verstanden, wie tief das verwurzelt ist. Aber wenn sie eben sonst ihre Naturmedizin bzw. traditionelle Medizin gewohnt sind und dann kommt ein Arzt daher und sagt: wir müssen das und das machen – da verstehen sie erstmal gar nicht, von was er das spricht. Und wenn dann noch irgendeine Unterschrift nötig ist – ich weiß nicht, was sie da alles denken.
Schon sehr interessant, das zu beobachten.
Janina: Ja, man braucht tatsächlich echt immer für alles eine Unterschrift. Es muss immer jemand von der Familie dabei sein, der irgendwo unterschreiben kann.
Gunda: Da fällt mir noch eine andere Story von mir ein. Ich hatte ein kleines Muttermal, das sich immer ein bisschen vergrößert hat. Ich hatte jetzt nie irgendwie Angst, dass das Hautkrebs sein könnte oder so, obwohl ich schon ein Sonnentyp bin , der immer in der Sonne hängt. Es wurde auf jeden Fall immer größer und befand sich auch an einer Stelle, an der es gestört hat. Und so bin ich letztes Jahr zu einem Hautarzt und habe gesagt, ob man das rausschneiden kann. Ich weiß ja, dass es eigentlich ein ganz kleiner Eingriff ist. Von daher habe ich mir gedacht, dass die das schon hinkriegen werden in Indonesien.
Und es ist auch alles gut gelaufen – war auch kein Hautkrebs, das schon mal vorneweg, – aber interessant war, als wir dann zur OP gefahren sind, musste mein Mann unterschreiben und nicht ich, obwohl ich ansprechbar und es meine freie Entscheidung war!
Er musste also das Einverständnis geben, dass an mir operiert wird. Fand ich auch ganz interessant. Dann habe ich gesagt, was wäre denn jetzt, wenn ich allein gekommen wäre? Weil mich als Ausländerin fragt ja normalerweise keiner, ob ich einen Mann habe. Denn sie gehen einfach davon aus, dass ich halt irgendeine Touristin bin oder so. Da hätte wahrscheinlich auch keiner gesagt, dass mein Mann unterschreiben muss.
Nachdem er aber mitgekommen ist, sind sie automatisch nur zu ihm und er hat den ganzen Papierkram gemacht. Mich hat überhaupt niemand mehr angesprochen das war total verrückt und total schräg!
Janina: Aber das war bei mir beim Dengue-Fieber auch so, von daher sind wir auch in der dritten Klasse gelandet, weil mein Mann alles ausgefüllt hat und gefragt worden ist. Zu dem Zeitpunkt waren wir noch nicht mal verheiratet – wobei ich mir nicht sicher bin, ob mein Mann nicht gesagt hat, dass wir verheiratet sind, denn es war kurz vor der Hochzeit.
Wahrscheinlich hat er einfach gesagt, wir sind verheiratet, damit es keine Probleme gibt, als unverheiratetes Paar in einem Raum zusammen zu sein.
In Indonesien ist es halt so, dass die Familie mit dabei sein muss, um die Person zu pflegen im Krankenhaus, wenn sie sich z. B. nicht selber waschen kann oder um sauber zu machen oder irgendwas. Das macht die Familie, nicht eben die Krankenschwester.
Gunda: Ja, das finde ich auch sehr interessant. Das ist komplett anders als bei uns.
Janina: Ja. Mein Vater wurde gerade operiert und liegt im Krankenhaus und momentan ist absolutes Besuchsverbot. Da sagte mein Mann: das geht doch gar nicht, da muss doch jemand bei Papa sein! Für ihn geht das gar nicht, da muss jemand dabei sein bzw. Mama muss da hindürfen – so ungefähr.
Gunda: Und dabei ist es dann auch manchmal so, dass die ganze Familie mitkommt. Also ich weiß nicht, wie es bei euch ist, aber als auch dieser Unfall hier passiert ist mit der Kleinen, die da fast ertrunken ist, da sind dann auch alle mitgekommen. Da war irgendwie das halbe Dorf mit anwesend. Und es war auch kein Problem, dass die da alle mit rum saßen und rum standen und so.
Janina: Also jetzt zur Corona Zeit ist es tatsächlich so, dass nur zwei Personen oder maximum 3 mit rein dürfen bzw. übernachten dürfen und auch tagsüber. Sie haben bei uns schon sehr drauf geachtet. Mein Mann durfte komischerweise immer so durchrennen zu meiner Schwiegermutter, aber alle anderen wurden schon sehr kontrolliert. Sobald wir gesagt haben, dass wir zu ihr wollen, hieß es: ja, wer ist denn oben? Dann haben wir auch mal geflunkert und gesagt, dass nur zwei Personen oben sind, die dann erst runterkommen mussten. Dabei war eben noch eine andere Person oben.
Oben in der Station hat witzigerweise niemand was gesagt – also auch, wenn eine Pflegerin oder ein Arzt reinkam. Aber unten haben sie schon kontrolliert, dass nicht zu viele Personen reingehen.
Gunda: Ja, ich glaube, bei euch wird das noch ein bisschen strenger kontrolliert. Wir sind hier halt weit ab vom Schuss, da interessiert es eigentlich keinen so wirklich. Morotai ist ein bisschen anders, glaube ich.
Janina: Ich muss dazu sagen, vielleicht liegt das daran, weil das auch einfach das Krankenhaus ist, wo man hinkommt, wenn man Corona hat. Weil das eben wirklich eins der besten Krankenhäuser auf der Insel ist – das und noch ein anderes.
Gunda: Ja und hast du schon Erfahrungen mit traditioneller Medizin gemacht oder Naturheilkunde? Denn ich bin ja schon eigentlich immer so ein Befürworter, dass ich sag: ok, man kann es erstmal natürlich probieren. Es kommt natürlich auch immer drauf an, wie schwerwiegend es ist, aber so Kleinigkeiten – da hol ich mir dann lieber irgendeine Kräuterpflanze, die ich aufkoche, wenn ich erkältet bin, als dass ich mir da irgendwie direkt Antibiotika rein knall.
Und sie haben ja hier schon noch das Wissen, sage ich mal. Wie ist das denn bei dir? Hast du da schon irgendwelche Erfahrungen gemacht?
Janina: Ja, also zum Beispiel bei meinem Kopfschmerzen, als ich Dengue-Fieber hatte. Da habe ich halt echt eine super Erfahrung gemacht. Aber jedem, dem ich das erzählt habe, hat gefragt, ob ich verrückt wäre. Es hat echt ordentlich geknackt und sie ist auch an meiner Wirbelsäule gewesen – aber es hat mir sehr geholfen auf jeden Fall, gar keine Frage.
Wir haben in der Familie sehr viele, die auf Naturmedizin sind. Bei meiner Schwiegermutter – das muss ich ganz ehrlich sagen – habe ich einfach nur noch den Kopf geschüttelt, als sie irgendwelche Naturheil-Sachen auf die offene Wunde drauf gemacht haben. Wir hatten einen Arzt nach Hause geholt, weil sie ja nicht dorthin wollte. Er hat ihr tatsächlich dieses Bein soweit wieder gereinigt und dann kam ihr Bruder, der ein begehrter Naturheilmediziner ist – von seinem Dorf kommen regelmäßig welche zum ihm und auch wenn in unserer Familie irgendwas ist – und hat ihr dann wieder irgendwas drauf geklatscht, wo ich dann gesagt habe: wenn das jetzt keine Sepsis wird, dann weiß ich auch nicht. Aber da sind sie halt einfach so, dass sie an ihre Naturmedizin glauben und das auch irgendwo durchziehen.
Ich habe auch eine Schwägerin, die meiner Meinung nach Epilepsie hat mit richtigen Anfällen, bei denen sie total krampft und meistens vorher einen lauten Schrei los lässt – was eben auch bei Epilepsie sein kann. Hier ist man einfach davon überzeugt, dass ein Geist in ihr drin ist. Sie wurde auch schon von dem Onkel behandelt, was aber nicht wirklich was gebracht hat. Sie hat meistens zwei Monate dann Ruhe, aber dann kommt halt wieder ein Schub – was eben auch typisch für Epilepsie ist.
Gunda: Nimmt sie ansonsten was oder wird sie sonst behandelt?
Janina: Nein, gar nicht. Also sie war wohl einmal im Krankenhaus, wo auch ein Röntgenbild gemacht wurde. Aber bei einem Röntgenbild siehst du nicht, ob du Epilepsie hat, da musst du schon ins MRT gehen. Es ist auch eine Kostenfrage, von daher wird es nicht gemacht. Und sowieso ist es ja der Geist, der in ihr ist.
Gunda: Ja, das ist schon krass. Vor allem wenn die Ärzte dann sowas auch sagen und das einem einreden. Wie gesagt, nicht alle Ärzte sind so – es gibt auch tolle Spezialisten, aber es ist schwierig irgendwie.
Es ist auch das gleiche mit diesen Todesfällen. Ich habe jetzt schon so viele Todesfälle mitbekommen – gottseidank nicht so häufig im engeren Bekanntenkreis – , aber dass man irgendwie hört, dass da jemand gestorben ist. Bei uns wäre die erste Frage: Oh Gott, warum? Vor allem, wenn derjenige noch ein gutes Alter hatte.
Aber hier fragt man, woran derjenige gestorben ist, und dann heißt es: er war halt krank. Dann fragt man, was er hatte und dann bekommt man die Antwort: Keine Ahnung, er war irgendwie krank. Und das ist dann aber die Info, mit der sich alle zufrieden geben.
Da wird nicht irgendwie geforscht, was er genau hatte oder ob man dem vorbeugen kann. Ich weiß nicht, ob du auch solche Erfahrungen gemacht hast – es ist hier so, dass man stirbt und das wird dann einfach so hingenommen.
Janina: Ja, richtig. Hier sind auch ganz viele an Fieber gestorben. Das ist so eine Aussage, wo ich mir dann denke: hatte derjenige vielleicht Dengue-Fieber eines schwereren Grades – es gibt ja vier verschiedene Arten davon und Nummer drei und vier sind sehr schlimm und können tödlich verlaufen, vor allem, wenn man keinen ordentlichen Arzt hat. Da denke ich eigentlich immer direkt an Malaria oder Dengue-Fieber, wenn jemand sagt, da ist einer an Fieber gestorben. Momentan vielleicht auch Corona, man weiß es halt nicht.
Aber da muss ich sagen, dass ich auch ein bisschen erschrocken war, als ich beim Arzt war mit einer Erkältung und Fieber, ich musste mich übergeben und da wurde gar kein Corona-Test gemacht. Wenn du in Deutschland jetzt zum Arzt gehst, das erzählt dir jeder, das erste, was gemacht wird, ist ein Corona-Test, bevor du weiter behandelt wirst. Vor allem, wenn du solche Symptome hast. Das war bei mir gar nicht der Fall. Ich wurde einfach wieder mit Medikamenten nach Hause geschickt und das wars.
Ich hab mir auch Blut abnehmen lassen, um zu klären, dass es kein Malaria oder Dengue-Fieber war. Zwei Tage später bin ich noch mal zum Arzt und hab einen Test machen lassen, der dann negativ war.
Aber wenn man nicht selber sagt, dass man einen Test haben möchte, wird nicht getestet. Sie haben mich dreimal gefragt, ob das nicht zu Reisezwecken ist, denn momentan holt nur jemand einen Test, der reisen will. Sonst wird nicht wirklich getestet.
Außer auch wieder in einem größeren Krankenhaus, meine Schwiegermutter z. B. wurde sofort auf Corona getestet, als sie eingeliefert worden ist.
Gunda: Ja, das sind halt die größeren und besseren Krankenhäuser. Das ist ein bisschen anders hier.
Janina: Ja, aber ich muss sagen, dass ich auch eine sehr positive Begegnung mit einem Arzt, also wirklich die positivste bisher – und zwar im Zusammenhang mit einem sehr traurigen Anliegen. Ich hatte eine Fehlgeburt. Ich war schwanger und habe im zweiten Monat Blutungen bekommen. Ich bin dann zum Frauenarzt, das Problem war aber, dass sie mich erstmal weggeschickt haben, weil der Arzt nur abends da war.
Ich war innerlich total unruhig und hatte einfach Panik und Angst. Von daher sind wir zu einem anderen Arzt gefahren, der sehr merkwürdig war und kaum mit mir gesprochen hat. Mein Mann hat ihn auch kaum verstanden, obwohl sie die gleiche Sprache sprechen. Und er hat mich auch wieder nach Hause geschickt, weil der Schwangerschaftstest noch angeschlagen hat.
Am nächsten Tag habe ich gesagt, dass ich jetzt noch mal zu einem anderen Arzt möchte, weil die Blutungen nicht aufgehört haben. Somit sind wir wieder zu dem Arzt gefahren, von dem wir am Vortag weggeschickt worden sind und sie wollten mich auch tatsächlich wieder wegschicken, aber ich war so am Ende, dass mir auch eine Träne gelaufen ist und sie gefragt haben, was los ist. Mein Mann hat gesagt, dass ich Blutungen habe und schwanger bin. Sie haben dann sofort gesagt, dass ich reinkommen soll und eine Arzthelferin hat mich untersucht. Sie hat gesagt, dass diese Blutungen nicht sein sollten, weil sie zu stark sind.
Sie haben mich in ein Zimmer gebracht, wo ich mich hinlegen und warten konnte, bis der Arzt kam. Er hat mich untersucht und hat gesagt: es tut mir sehr leid, aber ich habe ihr Embryo gerade auf meinem Besteck. Er hat mir geraten, eine Ausschabung zu machen, da es sicherer für die nächste Schwangerschaft ist, wenn ich wieder schwanger werden will.
Er hat mir dann erklärt, wie das abläuft und dass das ein anderer Arzt macht, der das sehr gut macht. Er hat ihn angerufen, damit er gleich kam und ich wurde vorbereitet für diese kleine OP. Es ist super gut gelaufen und beim nächsten Mal, als ich kam, hat er sofort gefragt, wie es mir denn geht. Nach der Untersuchung meinte er, dass alles gut aussieht und wir 2 bis 2,5 Monate warten sollten, bevor wir es nochmal neu probieren.
Ich habe mich bei dem Arzt richtig gut aufgehoben gefühlt und war sehr positiv überrascht.
Gunda: Ja, das klingt schon so. Bis auf das Wegschicken am Anfang, aber das ist halt immer irgendwie der erste Reflex.
Janina: Ja, das lag aber wirklich an den Öffnungszeiten, die abends waren. Wenn man früher kommt, wird man erstmal weggeschickt und soll später wiederkommen. Aber wie sie reagiert haben, als wir dann gesagt haben, dass ich Blutungen habe – das hatten wir vorher nicht gesagt – da hat sie sofort gesagt, dass ich reingehen soll. Es war, glaube ich, eine Hebamme, die das gemacht hat und die auch gesagt hat, dass ich bleiben soll, bis der Arzt kommt.
Gunda: Ja, super. Gerade in so einem Moment kann man das schon gebrauchen, dass man sich gut aufgehoben fühlt.
Janina: Ja, vor allem sie sind hier ja auch manchmal so: okay, Allah möchte das so und deswegen musste das jetzt passieren und das ist so. Er war dann schon so, dass er trotzdem nach mir gefragt hat. Die Aussage, die ich danach immer nur gehört habe, war sabar, was so viel wie Geduld bedeutet. Aber er hat eben wirklich gefragt, wie es mir geht und das fand ich schon sehr positiv.
Gunda: Ja, schon.
Ich denke so allgemein muss man immer ein bisschen aufpassen, dass man keine Dummheiten macht und sich dessen bewusst ist, dass das Gesundheitssystem hier ein bisschen anders ist. Man kann Glück haben, aber man sollte es auch nicht ausreizen, denke ich.
Janina: Richtig. Das Ergebnis bei meiner Schwiegermutter, dass sie überlebt hat, hat mich sehr positiv überrascht. Meine Erfahrung war trotz der Tatsache, dass es für mich eine negative, schlimme Erfahrung war, war es trotzdem ein positiver Arztbesuch.
Gunda: Ja, schön. Also deine positive Erfahrung rundet unser Thema, glaube ich, ganz gut ab. Ich denke mir dann auch manchmal: ja, so ist das Leben, auch wenn jetzt irgendwas passiert und so – irgendwann müssen wir auch alle gehen. Also wenn man sich da zu viele Sorgen macht, das bringt einen ja dann auch nicht weiter.
Janina: Ne, das stimmt. Also ich sage auch mittlerweile, dass vieles irgendwie vorbestimmt ist und seinen Sinn hat – auch wenn man den Sinn nicht gleich direkt versteht. Aber im Nachhinein – also mit Corona momentan wars vielleicht auch nicht so verkehrt, dass es in dem Moment nicht geklappt hat.
Gunda: Ja, du weißt nie, was vielleicht sonst passiert wäre. Manchmal denkt man sich, warum es jetzt nicht geklappt hat, aber am Schluss hat es vielleicht irgendwas Schlimmeres verhindert.
Janina: Genau. Ich finde, das kann man auch gut von ihnen lernen – das Positive im Negativen finden und nicht immer im Negativen bleiben.
Gunda: Ja, und die Indonesier machen das ja schon auch immer irgendwie.
Janina: Das stimmt, ja. Ich glaube, das ist einfach, weil wir natürlich einen anderen Standard gewohnt sind. Meine Schwägerin meinte dann auch: ja, kannst du nicht unsere Schwiegermutter einfach nach Deutschland fliegen? Aber das ist leider nicht so einfach – sonst hätte ich das sofort gemacht, gar keine Frage! Denn da hätte sie auch Physio bekommen und wäre dementsprechend behandelt worden.
Aber es geht halt einfach nicht und ist halt dann schwierig – aber sie machen ja trotzdem auf der schlimmsten Situation das Beste draus.
Gunda: Ja, das stimmt. Das stimmt auf jeden Fall.
Ja, schön, Janina, dann danke ich dir, dass du deine Erfahrungen geteilt hast und doch auch sehr privates und persönliches dabei erzählt hast.
Janina: Ja, gerne.
Gunda: Ich denke, das hat uns schon einen ganz guten Einblick gegeben. Ich muss natürlich dazu sagen, dass sind halt Erfahrungen von einem Einzelnen oder von mir – also jeder macht andere Erfahrungen im ganzen Land.
Janina: Ja, das stimmt.
Gunda: Danke dir und bis zum nächsten Mal!
Janina: Ja, Dankeschön, dass ich wieder dabei sein durfte. Bis zum nächsten Mal! Tschüss!
Gunda: Tschüss.
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Das war Coconut-Talk, dein Podcast über das Leben in Indonesien. Wenn dir diese Folge gefallen hat, klicke auf „folgen“ bei Spotify oder hinterlasse mir eine 5-Sterne-Bewertung bei iTunes. Danke schön! Bis zum nächsten Mal – sampai jumpa!