Transkript

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Hallo und herzlich willkommen bei Coconut-Talk, deinem Podcast über das Leben in Indonesien!

Ich bin deine Gastgeberin Gunda und gemeinsam mit meinen Gästen werden wir die zahlreichen Inseln Indonesiens entdecken.

Freu dich auf spannende, kuriose und manchmal auch kritische Themen.

Viel Spaß beim Zuhören und beim Erkunden des größten Inselreichs der Welt!

Gunda: Selamat datang und herzlich willkommen zu unserer heutigen Folge von Coconut-Talk. Bei mir ist heute Janina aus Oettingen aus dem Westerwaldkreis. Janina lebt seit drei Jahren auf Lombok, und zwar aktuell in der Nähe von Mataram. Wir werden heute über das Erdbeben auf Lombok sprechen, das vor drei Jahren passiert ist, außerdem über indonesische Großfamilien und über Missverständnisse beim Lernen der indonesischen Sprache – oder was so passiert, wenn man ins Indonesisch eintauchen möchte.

Janina, hallo! Schön, dass du dabei bist und dass es endlich geklappt hat.

Janina: Ja, hallo. Wunderschön, dass ich dabei sein darf.

Gunda: Super schön! Ja, wir hatten ein paar Anläufe nötig, aber wir gucken mal, wie es heute funktioniert – toi toi toi!

Magst Du vielleicht erstmal zu Anfang erzählen, was du denn normalerweise auf Lombok machst.

Janina: Also normalerweise lebe ich auf Gili Air und arbeite da als Tauchlehrerin. Und mein Mann arbeitet ebenfalls eigentlich auf Gili Air bei einer Villa zum Reinigen und so weiter. Momentan sind wir aber eben auf Lombok bei der Familie.

Gunda: Okay, das heißt, ihr habt eine kleine Auszeit im Moment gezwungenermaßen eigentlich, oder?

Janina: Genau, seit über einem Jahr leider.

Gunda: Magst du vielleicht noch vorher erzählen, wie du denn überhaupt nach Indonesien gekommen bist? Also wie das dazu kam, dass du da jetzt lebst und auch einen Mann hast.

Janina: Also eigentlich bin ich aus der Gastronomie und habe lange auf dem Schiff gearbeitet. Ich war dann in der Schweiz und habe Geld für eine Weltreise gespart. Da bin ich als erstes nach Indonesien geflogen, weil ich vom Schiff noch eine Freund hatte, die ich treffen wollte. Und so habe ich in Indonesien gestartet. Da habe ich auch gleich in der zweiten, dritten Woche meinen Mann kennengelernt. Ich habe in einem Homestay geschlafen und die Jungs waren praktisch für mich zuständig. Das waren sieben Jungs in einem kleinen Zimmer.

Am Abend haben wir oft zusammen gesessen, haben Musik gehört und so weiter und danach bin ich erstmal weiter auf meine Reise gegangen. Ich hatte aber ständig Kontakt mit meinem Mann, der mich angeschrieben hat.

So habe ich dann gedacht, okay, ich kann ja meinen Divemaster auf Gili Air machen bei den Jungs und bin wieder zurück nach Indonesien. Damals war das Erdbeben, wo ich dann auch gleich geblieben bin.

Gunda: Okay, das heißt, du bist zurückgekommen und das Erdbeben ist schon passiert?

Janina: Genau, ich war am Flughafen in Singapur in der Zeit, wo das Erdbeben war. Also schon auf dem Rückweg nach Indonesien. Ich hatte schon eingecheckt am Flughafen. Ich hatte mir die letzte Nacht Hotel in Singapur gespart und habe direkt am Flughafen geschlafen. Meine beste Freundin war damals mit dabei, ist aber am Abend vorher schon geflogen.

Ich hatte auch in der Zeit mit meinem Mann telefoniert, einen Video-Call gehabt, als noch Nachbeben waren. Da war für mich aber trotzdem klar, dass ich da hinfliege.

Gunda: Also du hast auch nicht dran gezweifelt, dass du dann die Reise abbrechen möchtest oder irgendwas in die Richtung?

Janina: Ne, gar nicht. Für mich war es wichtig, weil ich schon so viel Kontakt zu so vielen lieben Menschen hatte. Es war klar, dass ich fliege und auch versuche, zu helfen, wenn es irgendwie geht.

Mein Vater war da nicht so begeistert. Er hatte gesagt, bleib doch in Singapur oder in Surabaya, aber für mich war klar, dass ich da hin will.

Gunda: Das war dein Herz einfach, das dann angesagt hat: „da muss ich jetzt hin“ – wohlwissend, wer da hinter dem jungen Mann steckt, oder?

Janina: Genau.

Gunda: Vielleicht als kleine Hintergrundinfo für unsere Hörer: das Erdbeben bzw. es waren eigentlich mehrere Beben mit einem Hauptbeben in der Zeit von Ende Juli bis Anfang August 2018.

Janina: Ja, Ende Juli hat es angefangen. Das war ein relativ leichtes Erdbeben und am 5. August hat dann die Erde ordentlich gebebt, mit 7,0 oder 6,9.

Da ging sehr viel auch im Norden von Lombok kaputt. Die Nachbeben davon habe selbst ich noch mitbekommen, als ich gelandet bin.

Gunda: Ja und das waren ja etliche Nachbeben, ich weiß nicht, wie viele Nachbeben. Die waren in den Wochen danach ja auch noch. Lombok hat’s schwer getroffen, es wurde auch in Bali und Sumbawa gespürt und natürlich waren die ganzen Inseln auch betroffen. Ich kenne jetzt die Zahlen nicht, aber es sind mehrere Hundert gestorben und etliche Menschen obdachlos geworden.

Wie hast du denn die Zeit erlebt? Du bist zurückgekommen und am Flughafen, wie war das denn so, die ersten Momente?

Janina: Ja, also man hat mich in Surabaya schon komisch angeschaut, weil wirklich nur Einheimische ins Flugzeug rein sind. Und als ich gelandet bin, haben auch die ganzen Touristen, die am Flughafen versammelt waren, komisch geschaut. Sie haben selbst bei den Gepäckbändern auf ihre Flüge gewartet, damit sie so schnell wie möglich von Lombok wegkommen. Als ich ankam und als Weiße aus dem Flieger raus bin, haben mich so viele mit Riesenaugen angeschaut, warum ich da ankomme und ob ich es nicht mitbekommen hätte. Ich bin dann schnurstracks zum Bus und in den Bus eingestiegen und bin dann auf eine Riesenwiese gekommen, wo die Familie von meinem Mann war. Er hatte mich schon abgeholt vom Flughafen und mich dann zur Familie gebracht. Da habe ich dann alle kennengelernt. Wir haben dann haben nur meine Sachen schnell ins Haus gebracht, also wirklich nur ganz schnell, haben nacheinander geduscht und sind wieder zurück auf dieses Feld, weil noch so viele Nachbeben waren.

Ich hatte eigentlich nur meinen Reisepass und mein Geld direkt an mir, so dass es auch nicht geklaut werden konnte. Und dann haben wir die erste Nacht auf diesem Feld verbraucht, weil viele Angst vor einem Tsunami hatten.

Am nächsten Tag sind wir auf den Friedhof umgesiedelt, der ein bisschen weiter im Inland ist – so dass, falls ein kleiner Tsunami kommen sollte, wir erstmal sicher wären. Und da haben wir fast einen Monat verbracht.

Wir waren nach zwei Wochen fast so weit, dass wir gesagt haben, okay, wir gehen wieder ins Haus. Wir haben auch tatsächlich eine Nacht drin geschlafen, also mein Mann und ich. Mittags kam aber wieder ein Beben, was echt heftig war, so dass alle, die in ihren Häusern waren, wieder raus gelaufen sind und sich am Strand versammelt haben von den Mutigen, die in den Häusern gewesen waren. Abends waren dann zwei Beben, die stark waren. Das eine war 7,0, bei dem hatten wir meinen Schwager abgeholt mit seiner Familie, die hatten nämlich auch wieder im Haus drin geschlafen. Die kamen zum Friedhof mit und so kam es, dass wir noch weitere zwei Wochen auf dem Friedhof übernachtet haben.

Dann kamen Gerüchte auf, dass ein Geist da sein soll und das Gerücht, dass beim nächsten Beben ein Riesentsunami kommen sollte und die komplette Anlage von uns, also das Dorf überschwemmen würde. Da haben dann alle total Panik geschoben. Aber zum Glück ist das Beben nicht gekommen, sondern einfach ausgeblieben, sodass die Leute gar keine Angst hatten. Ich glaube, es hätte eine Riesenpanik gegeben, wenn wieder ein heftiges Erdbeben gewesen wäre.

Alles hatten Angst vor diesem Geist, da waren auch irgendwie Fingerabdrücke an den Wänden. Mein Mann hat auch mal seine Hand nass gemacht und einen Abdruck an der Wand hinterlassen und meine Schwägerin hat fast einen Herzinfarkt bekommen. Ich musste aber so anfangen zu lachen, dass sie sofort wusste, dass es ihr Bruder war.

Ja, also da waren viele, viele Gerüchte.

Gunda: Ja und dann auch der Aberglaube, der da ein bisschen mit reingespielt, oder?

Janina: Ja, der Aberglaube eben. Da habe ich dann auch gesagt: „Leute, beruhigt euch mal, da wird nichts passieren“. Und es war dann auch einfach so, dass nichts passiert ist.

Dieser Geist ist auch innerhalb von einer Woche wieder verschwunden, nachdem man irgendwann wusste, dass irgendwelche Leute diese Fingerabdrücke gemacht hatten.

Wir haben dann noch einen Monat oder zwei am Strand geschlafen, weil immer wieder leichtere Beben waren. Es hat gedauert, bis man sich wieder in Haus reingetraut hat.

Gunda: Das heißt, euer Haus stand auch noch.

Janina: Ja, genau. Das steht auch heute noch.

Gunda: Ja, natürlich. Das heißt, es wurde nicht beschädigt beim Beben und ihr konntet immer mal wieder rein und auch duschen und solche Geschichten. Wie war das denn allgemein? Also es ist ja für uns unvorstellbar, so eine Katastrophensituation eigentlich. Wie muss man sich das vorstellen mit Wasser und Strom? Gibt’s da was oder ist alles erstmal im Dunkeln? Wie sieht das denn aus?

Janina: Ja, mit dem heftigen Beben hatten wir oft Stromausfall und teilweise auch gar keinen Strom. Aber das ist auch allgemein nicht so ungewöhnlich. Anders als in Deutschland – wir waren zum Beispiel sieben Monate in Deutschland und hatten nicht einmal Stromausfall und mein Mann hat sich gewundert. Auf Gili Air haben wir einmal am Tag oder einmal die Woche mindestens Stromausfall. Auch hier auf Lombok, ich hatte gestern erst wieder Stromausfall – das ist also normal.

Wegen Wasser, wir haben einen Brunnen in der Küche – die Küche ist draußen – somit hatten wir eigentlich immer Wasser. Aber wenn man hier den Wasserhahn aufmacht, kommt nicht automatisch Wasser. Wir hatten das in der ersten Zeit, dass meistens nach 3 Uhr nachts Wasser kam. Das heißt, meine Schwägerin ist nachts aufgestanden und nach Hause gegangen, um Wasser zu sammeln. Wir hatten dann mehrere Bottiche voll Wasser bei ihr zu Hause im Badezimmer stehen, so dass wirklich jeder duschen konnte. Und hier ist das üblich, dass man morgens und abends duscht. Wenn man das nicht macht, wird man komisch angeschaut – ich weiß nicht, ob das bei dir auch so ist?

Gunda: Also ich kenne das nur mit dem Regen. Wenn man aus dem Regen heim kommt, dann muss man sich auf jeden Fall abduschen, sonst wird man krank danach.

Janina: Ach so, das gibt’s bei uns wiederum nicht. Hier duscht man einfach morgens und abends, sonst ist man nicht richtig sauber.

Gunda: Aber das ist ja auch irgendwo nachvollziehbar bei den Temperaturen, das finde ich jetzt gar nicht so schlecht.

Janina: Ja genau, richtig. Von daher geht das auch ganz gut.

Wir hatten dann nachts die Bottiche mit Wasser gesammelt und ich habe nach der zweiten Woche gesagt: „Wieso haben wir keine Pumpe?“ Die hatte ich bei den Nachbarn gesehen. Da muss man einfach den Strom anmachen und sie pumpt das Wasser nach oben. Sie haben gesagt, dass ihnen momentan das Geld fehlt und ich meinte nur: „Na, dann lasst uns jetzt eine Pumpe kaufen!“ Es waren umgerechnet 30 Euro.

Wir haben also die Pumpe gekauft und seitdem haben wir fließend Wasser, wenn Strom da ist – zu jeder Uhrzeit. Es ist nicht wie vorher, dass man schauen muss, zu welcher Uhrzeit man das Wasser aufdreht. Jetzt mit der Pumpe geht das auch so.

Schließlich habe ich angefangen, Spenden zu sammeln von Familie und Freunden. Ich kannte mich mit Crowdfunding nicht aus und habe kein PayPal, dass ich da irgendwas hätte machen können. Daher habe ich einfach direkt Freunde und Familie gefragt und wir haben dann auch tatsächlich 3.500 € zusammenbekommen. Wir konnten damit die Jungs von der Tauchschule und auch Freunde von meinem Mann unterstützen. Wir sind hoch in den Norden gefahren mit Wasser, Essen, Gemüse und so Sachen, die man in der Situation gut gebrauchen kann.

Was ich halt echt Wahnsinn fand, wir kamen da an und es wurde sofort die erste Flasche Wasser aufgemacht und Wasser gekocht, damit man Kaffee oder Tee anbieten konnte, den wir oft mitgebracht hatten. Die Gastfreundlichkeit war trotzdem einfach mega herzlich, die Menschen waren so dankbar. Ich habe dann immer gesagt: „Das Wasser ist für euch, damit ihr was zu trinken habt. Wir haben was auf dem Wagen für uns für den Tag!“ Und sonst brauchten wir ja eigentlich nichts. Aber nein, wir durften meistens nicht gehen, bevor wir nicht einen Kaffee oder Tee getrunken hatten.

Zwei Wochen nachher war noch mal ein Beben mit 7,0, da sind von der Familie meiner Schwiegermutter sehr viele Häuser kaputt gegangen in Lombok Timur. Das Gute daran war, dass sie in traditionellen Basthäusern wohnen, das heißt, sie haben diese später einfach mit Kabelbinder wieder zusammen gebunden und die Wände wieder standen. Das war ziemlich leicht zu beheben.

Die Steinhäuser, die kaputt gegangen sind, die waren kaputt. Aber ich war jetzt erst wieder dort und man sieht kaum mehr was vom Beben. Manchmal sieht man noch eine Ruine bzw. ich sehe das, weil ich weiß, dass dort mal ein Haus stand, aber ansonsten sieht es echt aus, als wäre nie was gewesen.

Im Norden sind sehr viele Holzhäuser wieder aufgebaut worden. Da sieht man es schon eher, wenn man vorher mal da war und jetzt – da hat sich viel verändert.

Gunda: Ja, das sind sie dann schon recht schnell. Wenn Geld zum Aufbauen da ist, dann geht’s eigentlich schon flott.

Janina: Ja, genau. Es packt auch wirklich jeder mit an. Das Haus von einem Freund meines Mannes ist zusammengefallen. Wir haben dann Zement dazu gekauft und sie haben es einfach unter der Anleitung vom Onkel meines Mannes, der hauptberuflich Häuser baut, wieder aufgebaut. Eben ohne, dass sie eine Firma organisieren mussten oder ähnliches. Sie haben die Steine von dem Haus eingesammelt, die noch brauchbar waren, den Rest dazu gekauft und dann das Haus mit eigenen Händen komplett wieder aufgebaut. Das waren sieben, acht Männer oder so.

Gunda: Das ist diese Gemeinschaft, die von Vorteil ist, wo alle zusammenhelfen.

Man kann also auch irgendwie doch positive Dinge draus ziehen oder wie hast du das erlebt? Immerhin ist es eine schlimme, traumatische Zeit. Das hat bestimmt für dich auch eine Weile gebraucht. Wie bist du mit so einer Erfahrung umgegangen und kannst du da auch positive Dinge draus ziehen?

Janina: Positiv ist auf jeden Fall, wie gesagt, der Zusammenhalt. Obwohl die Situation so schlimm war. Wir sind am zweiten oder dritten Tag nach dem Erdbeben das erste Mal nach Lombok hochgefahren und haben einen Freund von meinem Mann besucht, der mit in dem Zimmer auf Gili Air gelebt hatte. Er hatte sein Haus verloren, hatte ein T-Shirt an, das komplett durchlöchert war, er hatte keine Kleidung mehr, da er alles verloren hatte bei dem Beben. Am Anfang war er natürlich down. Aber bei jedem Mal, wenn wir wieder nach oben gefahren sind und ihm dann von den Spendengeldern Kleidung gekauft haben, war er einfach mega happy, dass er lebt und dass wir ihm geholfen haben. Dafür war er so unendlich dankbar – und trotzdem auch wieder irgendwie glücklich.

Ich habe im Norden während dieser Katastrophe kaum jemanden weinen sehen oder so. Sie haben gebetet, das alles gut geht. Ich glaube, der Glaube einfach, den die Menschen hier haben, der hat sehr viel dabei geholfen. Sie haben gesagt, es hat alles irgendwie einen Grund und alles wird gut. Es ist eine Herausforderung von Allah sozusagen und es wird alles gut. Mit Allah im Hintergrund werden sie das schaffen und dadurch war das nicht so negativ.

Gunda: Also zuversichtlich eigentlich, oder? So in die Richtung es ist ein weiteres Hindernis, das wir gemeinsam nehmen. Wobei man auch sagen muss, das Indonesien immer wieder von Naturkatastrophen heimgesucht wird. Ich denke, da haben sie vielleicht eine Art Routine. Das ist vielleicht ein bisschen krass ausgedrückt, aber sie kommen doch mehr damit in Berührung als wir. Ich denke, irgendwie entwickelt man dann schon diese Zuversicht und ja, der Glaube hilft einem auf jeden Fall.

Janina: Das stimmt schon, aber so heftige Beben hatte in Lombok vorher auch keiner erlebt bzw. die Generation, die jetzt hier lebt. Das hat man schon gemerkt, dass es traumatisch war. Wir hatten zum Beispiel an einem Tag die Waschmaschine laufen und dadurch hat die Lampe an der Decke leicht gewackelt. Meine Schwägerin rief dann: „Gempa!/Erdbeben!“ Alle sind aufgesprungen und sind rausgerannt. Ich meinte dann: „Das ist doch nur die Waschmaschine!“ Und alle fingen an zu lachen.

Dieses Trauma war schon da. Ich war danach auch in Indien mit Freundinnen. Im Hostel schlief eine Freundin in einem Stockbett unter mir und sie hat sich in der Nacht irgendwann so heftig umgedreht, dass das Bett angefangen hat, zu wackeln. Ich bin sofort aufgesprungen und wollte vom Bett runter springen. Dann habe ich festgestellt, ich bin in Indien, es hat nur das Bett gewackelt, es ist alles gut.

Also dieses Trauma hintendran hatte man irgendwie schon.

Gunda: Ja. Das braucht auch eine Weile, denke ich, oder?

Janina: Ja, also mittlerweile geht’s. Mein Mann hat im letzten August in Deutschland auch mal gedacht, dass die Erde bebt und ist gegen die Wand gerannt, weil er das mit der Tür verwechselt hat. Man springt einfach auf und rennt raus, so eine Kurzschlussreaktion. Und er ist in die falsche Richtung gesprungen in dem Moment, er wurde direkt aus dem Schlaf gerissen oder was auch immer er geträumt hat. So ist er gegen die Wand gelaufen, anstatt hinaus zur Tür.

Also ich denke, sobald es bebt, springen alle sofort auf. Also würde es jetzt beben, würden alle sofort aufstehen und rausspringen.

Gunda: Ja, das ist traumatisch, das wird auch nicht komplett weggehen, denke ich, wenn man es einmal so schlimm erlebt hat.

Du hast vorhin schon mal was zur Familie deines Mannes gesagt. Ihr habt euch ja aufgrund der Situation alle kennengelernt, unter ungewöhnlichen Umständen natürlich.

Wie war die erste Begegnung, wie ist dir das in Erinnerungen geblieben? Wurdest du sofort aufgenommen oder gab es außergewöhnliche Dinge? Wie hast du dich da gefühlt?

Janina: Ich wurde mega herzlich aufgenommen. Direkt als ich angekommen bin, wurde ich begrüßt. Es war auf der riesengroßen Wiese mit, ich weiß nicht, wie viel Hunderten Menschen. Es war auf jeden Fall die engste Familie da, meine Schwiegereltern, seine Geschwister inklusive deren Familien – ich weiß gar nicht, wer noch alles da war. Den ersten Abend habe ich gar nicht mehr so in Erinnerung, weil es so viele auf einmal waren.

Als wir dann zum Friedhof umgezogen sind, wurde immer geschaut, dass ich als erste zusammen mit meinem Mann esse und dann erst hat der Rest der Familie gegessen, damit ich auf jeden Fall satt bin. Ich habe dann gesagt: „Ich will das nicht, lasst uns alle zusammen essen. Ich werde ja trotzdem satt!“

Sie waren einfach mega herzlich von Anfang an. Es ist ja eigentlich auch nicht normal in Indonesien bzw. in muslimischen Gemeinschaften, dass du zusammen wohnst, bevor du verheiratet bist. Bei uns wurde das aber akzeptiert. Wahrscheinlich aufgrund der Ausnahmesituation, es war nie ein Problem oder sonst irgendwas.

Gunda: Als Ausländerin wurdest du auch akzeptiert bzw. als Frau deines Mannes?

Du hattest mir ja vorab schon erzählt, dass du im Dorf die einzige Ausländerin bist. Das ist ja auch was außergewöhnliches, denke ich. Wurdest du ohne Probleme aufgenommen?

Janina: Von den meisten auf jeden Fall. Es gab schon ein paar Jungs von meinem Mann, die gesagt haben: „Pass auf, dass sie dich nicht nach Deutschland mitnimmt, nachher lässt sie dich da und du bleibst allein.“ Er hatte sogar vor dem ersten Mal Deutschland auch Angst, weil er dachte, ich lasse ihn allein und er verhungert oder kommt nicht zurück oder wie auch immer. Es waren so viele Stories von irgendwelchen Leuten, die mich aber gar nicht kannten. Er war zum Beispiel mit Freunden was trinken, kam heim und sagte: „die haben wieder das und das erzählt“. Dann meinte ich auch: „Warum hörst du darauf, die kennen mich doch gar nicht!“

Da musste ich das Bild wieder gut darstellen sozusagen. Eben dass nicht jeder Bule bzw. Tourist so ist und einem was Böses will. Es gab einen, der hat wohl mega schlechte Erfahrungen mit einer Touristin gemacht. Sie hat ihn wohl alleine in einem Land gelassen und sich nicht mehr gekümmert. Daher haben sie ihm solche Stories erzählt. Dabei würde ich das niemals machen und meine Eltern auch nicht!

Aber die Familie war einfach mega. Ich war jetzt sieben Monate mit meinem Mann in Deutschland, weil man kein neues Visum für Indonesien von außerhalb Indonesiens beantragen konnte. Dadurch kam ich nicht zurück. Wir hatten das Glück, dass mein Mann mit mir in Deutschland bleiben konnte. Seine Familie ist davon ausgegangen, mein Mann würde allein zurückkommen, weil das mit dem Visum so schwer war. Schließlich waren sie total überrascht, dass ich doch dabei war und haben sich gefreut. Da merke ich dann, dass sie mich komplett angenommen haben.

Einmal war ich Nasi Campur kaufen, die Verkäuferin kennt mich schon seit zwei Jahren. Zum Warten habe ich mich hin gesetzt. Jemand meinte dann: Da ist ein Bule – also eine Touristin. Die Verkäuferin hat rumgeschaut und ich meinte dann: „Ich bins nur!“. Sie sagte: „Das ist kein Tourist, das ist ein einheimischer Bule!“ – so ungefähr.

Die Leute kennen mich. Ich weiß nicht, warum der Mann mich nicht kannte, normalerweise kennen sie mich. Wenn jemand fragt, dann wird sofort direkt gesagt: „Das ist die Frau von Dana“. Jeder kennt mich eigentlich.

Gunda: Ja, das geht dann recht schnell, wenn man die Einzige im Dorf ist.

Janina: Es gab wohl noch eine andere Deutsche ein paar Straßen weiter, aber die leben in Deutschland, nicht hier.

Gunda: Es ist schon ein komplett anderes Leben als in Deutschland, vor allem, wenn man in einem Dorf lebt. Ich glaube, das muss auch zu einem passen. Ich merke es selber bei uns im Dorf, egal was man macht, die Leute wissen normalerweise besser Bescheid als man selber. Das ist auch immer interessant. Die Anonymität ist nicht so da, wie wir sie in Deutschland haben – also vor allem in den Städten, in deutschen Dörfern ist das ja auch wieder anders.

Aber für dich passt das so, oder? Du fühlst dich da ganz wohl in dem Dorf?

Janina: Ja, auf jeden Fall und auch mit der Familie, es passt einfach super.

Gunda: Du bist schon dafür gemacht, gell? Es ist nicht unbedingt für jedermann was, denn bei Großfamilien, das ist immer was los und es kommt immer jemand. Gerade das ist in Deutschland nicht so Gang und Gäbe. Da würde dir jemand was erzählen, wenn du auf einmal vor der Tür stehst – so kenne ich das auf jeden Fall. Das ist hier schon speziell, damit muss man sich auseinandersetzen.

Janina: Auf jeden Fall. Ich fand es auch witzig, als wir in Deutschland waren, da habe ich eine Nachbarin gegrüßt und mein Mann sagte: „Komm, lass uns bei ihr einen Kaffee trinken.“ Also hier ist das normal, wenn du irgendwo hinkommst, dass sie dir einen Kaffee oder Tee oder irgendwas anbieten. Für meinen Mann war das normal. Ich sagte dann: „Ne, ne, das ist hier nicht so. Wir können uns nicht einfach selber einladen. Entweder du wirst eingeladen oder halt nicht.“

Gunda: Ja, genau. Da kommst du dann in Deutschland zur Tür rein und wartest auf den Kaffee…

Janina: Vergeblich wahrscheinlich bei den meisten.

Gunda: Ja, genau.

Ihr habt ja auch geheiratet letztes Jahr Anfang 2020, soweit ich mich erinnere.

Janina: Genau, richtig.

Gunda: Die Familie von deinem Mann ist ja sehr tolerant, wie ich das mitbekommen habe. War denn die Religion bei euch je ein großes Thema?

Also dazu als Hintergrundinfo: In Indonesien darf man nur heiraten, wenn man der gleichen Religion angehört. Das ist für manche Paare manchmal etwas schwierig. Andere wiederum können das ganz gut unter sich klären – das kommt immer drauf an. War das bei euch denn irgendwie ein großes Thema?

Janina: Ne, eigentlich nicht. Für mich war von vornherein klar, dass ich konvertiere, weil mein Mann ein viel gläubiger Moslem ist als ich gläubige Christin war. Und ich muss sagen, ich habe mich im Islam ganz gut wieder gefunden.

Für meine Eltern war es am Anfang etwas schwieriger, aber nachdem sie meinen Mann kannten, haben sie gesagt: „Ja dann musst du halt konvertieren“, so ungefähr. Das war dann auch okay. Ich habe Glück, dass sie meinen Mann, ihren Schwiegersohn, echt lieben.

Gunda: Sehr gut. Ich kann da ein bisschen was ähnliches dazu sagen. Ich glaube, meine Eltern sind auch ein bisschen beruhigter mit diesem Thema, nachdem sie ihn kennengelernt haben. Es ist doch eher in der westlichen Welt so, dass, wenn man wenig über den Islam weiß, mit vielen Vorurteilen vieles doch erstmal schwarz-weiß gemalt wird. Aber ich glaube, wenn sie dann so einen tollen Schwiegersohn kennenlernen, ist das alles halb so schlimm.

Janina: Ja, ich habe selbst in Deutschland die Erfahrung gemacht, als wir beim Türken waren halal eingekauft haben. Die Verkäuferin meinte so: „Wo kommt er denn her?“ Ich sagte dann: „Indonesien“ und da sagte die Türkin selber: „Ach, das sind ja die viel besseren Moslems.“

Gunda: Ja, da sind sie bekannt dafür.

Janina: Ja, weil sie auch gut mit den Frauen umgehen. Viele haben ein typisches Bild im Kopf vom Islam, bei dem der Mann nicht gut mit der Frau umgeht und sie zwingt, das Kopftuch zu tragen. Dieses Bild ist einfach total falsch, in meinen Augen.

Gunda: Also es gibt sie, das muss man schon sagen, solche gibt es schon. Es gibt leider auch einige Regierungen, die das so machen.

Janina: Aber dann leben sie eigentlich nicht nach dem Koran.

Gunda: Genau, das stimmt allerdings. Sie sagen das im Namen des Islam und das ist natürlich nicht richtig. Ja, das stimmt auf jeden Fall.

Das ist es schön, wenn man in Indonesien vielen toleranten Menschen bzw. moderaten Moslems begegnet, wo das dann alles nicht so ganz extrem ist.

Janina: Ja, und man sieht das an meiner Familie ja schon daran, dass ich mit meinem Mann zusammen in einem Raum übernachten durfte, was sonst gar nicht geht, wenn man nicht verheiratet ist. Wir hätten es ja eigentlich erst ab Februar dürfen, aber es war bei uns halt kein Thema von Anfang an.

Gunda: Schön, da haben sie dich gleich direkt aufgenommen und das ist sehr schön.

Du hast mir auch erzählt, dass du die Sprache erst vor Ort gelernt hast. Am Anfang konnte dein Mann, glaube ich, nur wenig Englisch und ihr habt euch da mit Händen und Füßen unterhalten und ganz viel mit Google.

Wie war das denn mit der Sprache am Anfang? Da gab’s bestimmt auch jede Menge Missverständnisse – magst du da ein bisschen was erzählen dazu?

Janina: Am Anfang war es wirklich interessant. Die Jungs waren hinter meinem Homestay in diesem Zimmer. Zwei von ihnen konnten Englisch, so dass sie übersetzen konnten, wenn sie da waren. Aber wenn die beiden nicht da waren, hat man trotzdem zusammengesessen und sich dann mit Google Translate unterhalten.

Wir haben dann Karten gespielt und uns mit Händen und Füßen unterhalten. Es hat einfach funktioniert und als ich dann weiter bin auf die Philippinen bin, hat mein Mann weiterhin den Kontakt zu mir gesucht.

Da war es dann so, dass wir einen Video-Call gemacht haben und ich gleichzeitig Google Translator offen hatte. Wir haben uns dann trotzdem geschrieben, aber uns dabei gesehen. Und irgendwann war mir das zu doof, jedes Mal diesen Google Translator zu nutzen, dass ich angefangen habe zu lernen, was Google übersetzt. Natürlich übersetzt Google nicht alles perfekt und wenn wir uns gestritten haben, dann eigentlich nur, weil Google Translate irgendwas falsch übersetzt hat. Es war dann relativ schwierig, meinem Mann zu erklären, dass das bei manchen Dingen einfach Google Translate war und nicht ich das so sagen wollte. Es hatte sich mit meinem Wort eigentlich ganz anders angehört.

Zum Beispiel Sachen wie „du bist verrückt“ kann bei uns ja auch positiv sein. Wenn sich jemand mega viel Mühe macht bei einer Überraschung oder so, sagen wir in Deutschland ja auch: „Du bist verrückt!“ Wenn man das aber hier sagt, ist es so ungefähr das Schlimmste, was es gibt. Das musste ich ihm auch erstmal erklären, dass das in Deutschland anders gesehen wird. Da ist man eben nicht einfach total verrückt vom Kopf her im Sinne von durchgedreht, sondern es ist auch was positives. Seitdem lässt er auch manchmal zu, dass ich sage „du bist verrückt“.

Am Anfang war es so, dass es viele Reibereien oder Streitereien gab und jetzt, wo ich es viel besser kann, streiten wir auch viel weniger oder fast gar nicht mehr. Und wenn, dann sind es auch wieder irgendwelche Sachen, wo die Kultur dazwischen funkt, weil wir es einfach anders gewohnt sind als die Indonesier.

Gunda: Gibt es irgendwelche Beispiele, die dir da einfallen auf Anhieb? Diese kulturellen Unterschiede, die das manchmal schwierig machen?

Janina: Ja, zum Beispiel in Deutschland, wenn man was mit dem Fuß zeigt, ist das kein Problem, wenn was auf dem Boden liegt oder so. Er fragte mich anfangs mal irgendwas und ich zeigte das mit dem Fuß und da kam gleich: „Nein, wie kannst du nur?“

Ja, das mache ich aber nicht mehr. Also manchmal ist es einfach immer noch so in mir drin, weil man es so gewohnt war von früher, aber ich versuche immer, das nicht zu tun. Oder dass man was mit der linken Hand gibt, statt mit der rechten Hand, da kommt dann auch so: „Oh nein, wie kannst du wieder?“ Weil die linke Hand einfach die unreine ist.

Ja, das sind so Sachen, wo ich sage, okay, ich werde mich bessern.

Gunda: Ja, das haben wir von klein auf drin, gell, das ist schon manchmal etwas komisch.

Janina: Ja, richtig. Das Witzige war auch, also drei Jahre, bevor ich endgültig nach Indonesien gekommen und geblieben bin, war ich schon mal für drei Tage auf Lombok, weil ich damals einen Freund vom Schiff aus besucht hatte. Wir waren damals typisch indonesisch Essen, wofür man normalerweise kein Besteck benutzt. Dann guckt er mich nach dem Bestellen an und fragte: „Janina, kannst du mit Händen essen?“ Ich sagte dann: „Keine Ahnung, ich habe noch nie Reis mit Händen gegessen, ich versuch das einfach mal.“

Man kriegt dann eine kleine Schale, da kann man vorher die Hände waschen und fängt an zu essen. Da habe ich ihn gefragt: „Ist es egal mit welcher Hand?“ – „Ja ja, ist egal.“ Und ich fing an und habe auch die linke Hand benutzt. Er meinte nur so: „Ne, ne, nimm lieber die rechte Hand.“ Ich dachte mir dann: Wieso sagst du, es wäre egal, mit welcher Hand?

Also wenn man mal in Indonesien typisch indonesisch isst, mit der rechten Hand essen!

Gunda: Ja, ganz wichtig, mit der Rechten.

Jetzt funktioniert es aber ganz gut, mit der Hand zu essen?

Janina: Es hatte auch damals schon funktioniert, aber ich hatte auch die linke Hand dazu genommen. Aber jetzt funktioniert es auch nur mit der rechten Hand.

Gunda: Ja, das gute ist, es wird uns ja immer ganz schnell verziehen, das ist ja bei uns immer der Vorteil bei solchen Fettnäpfchen.

Janina: Das stimmt. Also man darf schon die linke Hand dazunehmen, wenn man zum Beispiel Hühnchen hat und das Fleisch vom Knochen abziehen will. Zum Festhalten darf man schon die linke Hand nehmen. Aber das Fleisch abmachen und vor allen Dingen zum Mund führen nur mit der rechten Hand.

Gunda: Ja, das stimmt.

Gibt’s denn auch ein paar Traditionen oder Bräuche oder irgendwas außergewöhnliches, was dich fasziniert oder was dir besonders gefällt an der Kultur, Religion oder am Leben in Indonesien?

Janina: Was ich sehr faszinierend fand, wo ich noch nicht ganz überzeugt davon bin, war die Namensgebung hier in Indonesien. Ich habe die von meiner Nichte, die zwei Jahre alt ist, mitbekommen. Damals war ich auch im Krankenhaus mit dabei. Als sie dann den Namen bekommen hat zu Hause, da haben sie eine Kokosnussschale genommen und zwei kleine Stückchen davon angezündet und dann ich weiß nicht was alles da reingetan. Im Endeffekt wurde das Kind dann an einem Bein und an einem Arm festgehalten und darüber geschwenkt. Bei dieser Zeremonie hat es dann den Namen bekommen. Da dachte ich: Oh Gott, was machen die mit dem Kind, das arme Kind und so.

Aber das ist halt hier irgendwo normal.

Gunda: Ist das dann was religiöses oder einfach vom Dorf was traditionelles?

Janina: Also ich finde, gerade hier auf Lombok wird oft diese Tradition von früher und die Religion vermischt. Ich als Außenstehende oder selbst mein Mann sagt: „Ja, das ist Religion“. Wo ich mich dann aber auch schon informiert habe und gemerkt habe, das kommt nicht aus dem Koran, das muss ein Brauch von früher sein.

Genau wie diese Geister-Stories zum Teil, die es überall immer gibt, die sind auch nicht aus dem Koran, sondern das ist halt viel Tradition von früher.

Gunda: Ja, es ist ja eigentlich in ganz Indonesien so, dass sich der Glaube von früher irgendwie mit der Religion vermischt. Das ist auch so in Java oder Papua – irgendwie finden sie schon so immer ihren Mittelweg. Gerade mit der Ahnenverehrung und den Geistern, wie du auch gesagt hast, bzw. den Geistern von früher und den Vorfahren, da merkt man schon immer wieder, wie sich das vermischt. Ja, das ist interessant.

Janina: Also wenn sich mich fragen, was ich davon halte, dann fange ich immer an zu lachen, weil ja – das wissen die meisten dann schon. Da machen sie sich dann immer einen Spaß draus, mich zu meiner Meinung zu fragen.

Aber was ich eigentlich eine sehr schöne Tradition finde, ist Maulid oder Ramadan. Ramadan ist für mich eigentlich in Indonesien der schönste Monat, wo die Familie zusammen kommt und abends zusammen das Fasten gebrochen wird. Das ist einfach mega schön. Wir haben dieses Jahr Ramadan, also den Fastenmonat und Idul Fitri leider in Deutschland gefeiert. Ich musste arbeiten, mein Mann war oft alleine zum Fastenbrechen und es war einfach anders.

Gunda: Ja, schon. Wenn man die Gemeinschaft nicht drumherum hat, ist das schon ein ganz anderes Gefühl, wenn man es irgendwie alleine macht.

Janina: Ja, genau richtig. Und bei Maulid wird im Prinzip der Geburtstag vom Propheten Mohammed gefeiert. Bei uns ist das so, ich weiß nicht, ob das überall in Indonesien so gefeiert wird, aber bei uns wird ein Pfahl mit einer schwarzen Paste eingeschmiert, die dann wirklich überall ist. Es ist eigentlich wie ein Kindergeburtstag für Groß und Klein.

Sie klettern dann diese Pfahl hoch und sauen sich komplett mit der Paste ein. Oben ist dann ein Ring dran, an dem ganz viele Geschenke hängen und eine Fahne. Der erste darf sich die Fahne runternehmen und ein Geschenk mit abmachen. Es sind wirklich brauchbare Sachen dran, wie Töpfe, Kinderkleidung, Pampers, Tupperware. Sachen, die man wirklich gebrauchen kann. Dann wird Tauziehen gemacht und Münzen schnappen für die Kinder. Dabei werden 500 Rupien Münzen in eine Wassermelone gesteckt und sie müssen mit dem Mund die Münzen herausziehen. Dann wird auch Farbe versprüht – also es ist halt wirklich wie ein riesengroßer Kindergeburtstag.

Gunda: Schön. Man merkt schon, du bist da ganz gut angekommen.

Wie sehen denn eure Zukunftspläne aus für die nächste Zeit? Was steht denn da noch an?

Janina: Mein Mann hat vor einer Woche mit seinem Deutschkurs angefangen und ist fleißig am Deutsch lernen. Ich habe ihm gesagt, ich kann ihm das nicht selbst beibringen, das würde nur zu Konfliktsituationen führen. Mir würde dann auch einfach die Geduld irgendwann fehlen.

Wir haben Glück gehabt mit einer Deutschlehrerin, die fünf Minuten von uns weg ist, die ich aber jetzt erst gefunden habe. Da lernt er seit einer Woche Deutsch, damit er das Sprachzertifikat machen kann. Dann werden wir wahrscheinlich auch aufgrund von Corona, weil es hier jobtechnisch nicht gut aussieht – und ich sehe das noch nicht, dass dieses Jahr oder Anfang nächstes Jahr das Land wieder geöffnet wird – daher werden wir nach Deutschland gehen oder in die Schweiz zum Arbeiten, Geld sparen und dann wieder zurückkommen.

Gunda: Das heißt also, langfristig werdet ihr auf jeden Fall in Lombok angesiedelt sein?

Janina: Ja, auf jeden Fall. Der Plan ist: Geld sparen, dass wir danach auch Land kaufen können, ein Haus bauen, es natürlich mit einem Pool versehen, damit auch meine Eltern kommen zu Besuch. Das wäre der Traum – mal schauen, ob es klappt.

Gunda: Schön, da drücke ich euch die Daumen!

Janina: Danke.

Gunda: Dann sind wir eigentlich schon fast am Ende angekommen. Es gibt zum Abschluss noch meine zwei Fragen: Was vermisst du denn aus Deutschland am meisten, wenn du hier bist und auch umgekehrt?

Janina: Also natürlich die Familie, gar keine Frage. Ich habe zwei Brüder in Deutschland, die auch jeweils Familie haben und natürlich meine Eltern.

Aber zum Beispiel auch eine deutsche Waschmaschine, wo man einfach nur die Wäsche reintut, Waschmaschine anschaltet und nach 40 Minuten oder zwei Stunden ist die Wäsche fertig. Man kann die Wäsche aufhängen oder in den Trockner tun, das sieht hier ein bisschen anders aus.

Gunda: Das kann ich nachvollziehen, vor allem das heiße Wasser, das dann fehlt zum Waschen.

Janina: Ja, richtig. Wenn man mit heißem Wasser waschen möchte, dann muss man sich erstmal Wasser kochen.

Zum Teil fehlt mir auch das deutsche Essen. Natürlich kriegt man hier auch fast alles, aber geschmacklich ist es dann doch etwas anderes und im Vergleich zum indonesischen Essen ist es teuer.

Aber genauso, wenn wir in Deutschland sind, vermissen wir die Familie von hier, gar keine Frage und genauso das Essen von hier. Man kann halt auch nicht einfach alles haben.

Gunda: Genau, also es haben halt schon beide Länder irgendwie was positives auch, das muss man schon zugeben.

Dann sind wir eigentlich schon fertig mit unserem Gespräch. Es hat mich ganz arg gefreut, dass du dabei warst und das es jetzt auch geklappt hat nach mehreren Anläufen.

Liebe Janina, ich wünsche euch für eure Zukunft noch alles Gute, also auch deinem Mann beim Deutschlernen – das ist ja nicht so leicht!

Janina: Danke, das wünsche ich euch auch.

Gunda: Danke schön. Toi toi toi für die Pläne und wer weiß, vielleicht sieht man sich ja mal in Lombok oder wir hören uns wieder.

Janina: Mich würde es freuen. Vielleicht kommen wir irgendwann mal auf die Molukken.

Gunda: Ja, gerne. Wir bauen erstmal noch ein Häuschen und dann dürft ihr gerne kommen.

Janina: Sehr gut, dann sagt ihr Bescheid, wenn es fertig ist!

Gunda: Mache ich auf jeden Fall.

Danke schön und bis bald!

Janina: Vielen Dank auch, dass ich dabei sein durfte. Tschüss!

Das war Coconut-Talk, dein Podcast über das Leben in Indonesien.

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Bis zum nächsten Mal, Sampai jumpa!

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Gunda

lebt seit 2017 in Indonesien und ist seit 2019 selbstständig als Autorin & Auswanderberaterin

Katha

lebt seit 2019 in Indonesien und ist seit 2020 selbstständig als VA und VA-Mentorin

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